Bisher war die herrschende Meinung, dass freies WLAN wegen der
Störerhaftung für den Betreiber ein Risiko darstellt. Jetzt hat die
Regierung von Oberbayern klargemacht, dass freies WLAN an bestimmten
Orten eine Gefahr für Leib und Leben der Bürger ist, und deshalb nicht
genehmigungsfähig ist. Durch einen Antrag der Münchener
Stadtratsfraktion Die Grünen - Rosa Liste und die jetzt veröffentlichte
Antwort darauf brachte es ans Licht.
„Insbesondere würde die Bereitstellung von WLAN in
Sperrengeschossen mit einem Anwachsen von Personenzahlen einhergehen, da
hier ein Wetterschutz und im Winter ein gewisser Schutz vor Kälte
gegeben ist. In Abhängigkeit von der Anlage und Ausdehnung des
Sperrengeschosses der jeweiligen U-Bahn-Haltestelle sei es möglich, dass
zusätzlich anwesende Personenansammlungen zu den maximal zu erwartenden
Fahrgastströmen im Gefahrfall negative Auswirkungen auf die Sicherheit
der in der Haltestelle anwesenden Personen haben und somit ein erhöhtes
Gefährdungspotential für alle darstellen.“
Grünen-Fraktionschef Dr. Florian Roth reagierte auf die Mitteilung mit
scharfer Kritik: „Die Unterstellung, es könne durch ein
WLAN-Angebot auf den Bahnsteigen zu ‚Personenansammlungen‘ kommen, da
dort ein ‚Wetterschutz‘ gegeben sei, ist an den Haaren herbeigezogen.
Wie wäre vor diesem Hintergrund das Betreiben von Verkaufsständen für
Backwaren und Getränken etc. in Sperrengeschossen und sogar auf
Bahnsteigen zu rechtfertigen? WLAN im Öffentlichen Nahverkehr wird auch
im Masterplan zur Luftreinhaltung als Anreiz zum Umsteigen auf den ÖV
genannt. Laut Regierung von Oberbayern ist das aber offenkundig
unerwünscht. Die CSU-Staatsregierung brüstet sich gern damit, bei der
Digitalisierung an der Spitze des Forstschritts zu marschieren – in der
Praxis wird behindert und blockiert.“
Vor diesem Hintergrund sollten alle Betreiber von Verkehrsmitteln mit
unterirdischen Bahnsteigen und darüberliegenden Sperrengeschossen eine
Neubewertung der Sicherheit vornehmen. Führt neben dem freien WLAN
möglicherweise auch der Verkauf von Backwaren, Getränken, Zeitschriften
und anderen Dingen an diesen Orten zu einer erhöhten Nutzung der
Infrastruktur von „Personen, die nicht an der Nutzung der …
Bahnen interessiert sind“?
Am 31. Juli 2018 erschien im Allgemeinen Ministerialblatt der
Bayerischen Staatsregierung eine Veröffentlichung gemäß
Ministerratsbeschluss vom 5. Juni 2018 "Datenschutz-Grundverordnung
(DSGVO): Der Bayerische Weg zu einer bürgernahen und
mittelstandsfreundlichen Anwendung.
Der Ministerrat beschließt nachfolgenden Bayerischen Weg zu einer
bürgernahen und mittelstandsfreundlichen Anwendung des
Datenschutzrechts, die die Ziele der Datenschutz-Grundverordnung
sachgerecht und mit Augenmaß verfolgt und damit auch ihre Akzeptanz in
der Bevölkerung fördert:
-
Kein Amateursportverein, keine Musikkapelle oder sonstige vor allem
durch ehrenamtliches Engagement getragene Vereine müssen einen
Datenschutzbeauftragten bestellen.
-
Bei einem Erstverstoß im Dickicht der Datenschutzregeln drohen
keine Bußgelder; Hinweise und Beratung haben Vorrang vor Sanktionen.
-
Wir werden eine Praxis von Abmahnanwälten, die glauben bei
Unternehmen formelle Datenschutzverstöße rechtsmissbräuchlich abmahnen
und abkassieren zu können, nicht hinnehmen.
-
Wir werden mit den Betroffenen weitere Bestimmungen im
Datenschutzrecht identifzieren, bei deren Anwendung im Besonderen
darauf hinzuwirken ist, dass die Ziele der Datenschutz-Grundverordnung
sachgerecht und mit Augenmaß verfolgt werden.
-
Hierzu werden wir weitere Gespräche mit Vereinen und
Mittelständlern anbieten."
Sehr viel mehr als ein Datenschutz-Placebo ist das allerding nicht. Auch
wenn Heise schreibt: "Damit gilt in Bayern die ausdrücklich die
Vorgabe etwa an die für den Datenschutz zuständigen Landesbehörden, die
Ziele der DSGVO 'sachgerecht und mit Augenmaß' zu verfolgen." [Link],
so ist dem nicht so, denn nach Art. 52 Abs. 1 DS-GVO handeln die
Aufsichtsbehörden "bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und bei
der Ausübung ihrer Befugnisse gemäß dieser Verordnung völlig unabhängig."
Eine Weisung durch den Ministerrat ist also europarechtswidrig, da nicht
mit der Unabhängigkeit der Aufischtsbehörden vereinbar. Wer als
Amateursportverein, Musikkapelle oder sonstiger vor allem durch
ehrenamtliches Engagement getragene Verein nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BDSG
eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten bestellen
muss, da er in "der Regel mindestens zehn Personen ständig mit
der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt",
sollte das tun. Die meisten angesprochen Vereinen dürften aber so klein
oder so wenig IT-durchdrungens ein, dass die Vorschriften zur Betsellung
einer oder eines DSB soweiso nicht greifen.
Also letztendlich ein Placebo, da nichts geregelt wird.